Ist das Kunst?
Das Institut für Waldorfpädagogik aus der Sicht seiner Gründer
von Annette Stühl
Frau Stühl, wie sieht das Angebot des Seminars aus?
Was sollen die Seminaristen lernen?
Das Seminar bietet eine Fortbildung zum Waldorflehrer an.
Im ersten Jahr gibt es Kurse zum Leben Rudolf Steiners, zur Gründung der Waldorfschule 1919 und zu den grundlegenden Gedanken, die R. Steiner über den Menschen und die Welt dargestellt hat. Daran schließt die Arbeit an der „Allgemeinen Menschenkunde“, ein grundlegendes Buch für die pädagogische Arbeit. Dieser Kurs, wie auch der Kurs „Innere Arbeit“ findet in allen drei Jahren statt.
In anderen Kursen lernen die Seminaristen einzelne Fächer wie z.B. Handarbeiten, Zeichnen und Malen, vor allem im praktischen Tun, kennen.
Zu Beginn der Kursabende laufen in beiden Jahren durchgehend Eurythmie- und Theaterkurse und solche zur Stimmentwicklung.
Im zweiten Ausbildungsjahr rücken menschenkundliche, methodisch-didaktische und sozial-künstlerische Gesichtspunkte in den Fokus, werden vertieft und für die verschiedenen Fächer und Klassenstufen dargestellt und verständlich gemacht.
An neun Wochenenden im Jahr kann ausführlicher, intensiver und mit dem Schwerpunkt auf dem eigenen Üben gearbeitet werden. Malen, Musik, Plastizieren, Naturwissenschaften in der Mittelstufe, die Sozialgestalt der Waldorfschule, die „Unteren Sinne“ und Erzählen, Singen sind einige der Themen.
Arbeitsfelder der Teilnehmer*innen
In jedem Kurs bilden sich kleinere Lerngruppen, die sich regelmäßig treffen, um sich auszutauschen und die Kursarbeit vor- und nachzubereiten.
Am Ende eines Kursjahres schreiben die Seminaristen eine Reflexion zu inhaltlichen, methodischen und persönlich erlebten Erfahrungen des vergangenen Jahres.
In jedem Halbjahr beschäftigen sich die Teilnehmer*innen mit einer bestimmten Übung zur Schulung der Wahrnehmungsfähigkeit und der künstlerischen Umsetzung von Inhalten. Das Ergebnis wird in Präsentationen vor beiden Kursen dargeboten.
Wir raten den Teilnehmern/Teilnehmerinnen, an den Veranstaltungen der umliegenden Waldorfschulen teilzunehmen. Hospitationen und ein mindestens vierwöchiges Praktikum sind Teil der Fortbildung.
Die Kurse laufen jeweils dienstagsabends – reicht das?
Die Ausbildung umfasst mindestens tausend Seminarstunden (plus zweihundert Stunden Fachdidaktik)
Es entsteht bei den Seminaristen und Dozenten immer wieder das Bedürfnis, sich länger und gründlicher mit einem Gebiet befassen zu können, als es der Ausbildungsrahmen zulässt. Andrerseits haben die meisten Teilnehmer/innen ein Berufs- und Familienleben, das einen größeren zeitlichen Aufwand nicht zulässt. Für manche kommen weite Anfahrwege hinzu.
Wo befinden sich Ihre Unterrichtsräume?
Das Seminar ist seit sieben Jahren zu Gast in der Ottersberger Waldorfschule. An den Dienstagabenden finden die Kurse in den Oberstufenklassen satt.
Da es auch Veranstaltungen im Festsaal, in der Turnhalle, in Klassen-und Fachräumen gibt, lernen die Seminaristen die Schule gut kennen.
Inzwischen sind einige Veranstaltungen in die Bremer Schulen „ausgewandert“.
Woher bekommen Sie die nötigen Dozenten?
Die meisten Dozenten sind Lehrer/innen aus den umliegenden Waldorfschulen.
Für Stimmentwicklung, Sprachgestaltung, Theater, medizinische Menschenkunde, Heilpädagogik kommen Fachreferenten aus dem näheren oder weiteren Umfeld.
Die Dozenten tauschen sich in regelmäßigen Dozentenkonferenzen aus.
Werden am Schluss der Ausbildung Prüfungen abgelegt? – und wie sehen diese aus?
Die Fortbildung zum Waldorflehrer in Niedersachsen umfasst zwei Jahre berufsbegleitendes Seminar und ein anschließendes Praxis-Jahr.
Für den Abschluss nach den ersten beiden Jahren bereiten die Teilnehmer*innen eine theoretische und eine künstlerische Arbeit vor.
Die Themen können aus den Bereichen Anthroposophie, anthroposophische Menschenkunde, Waldorfpädagogik gewählt werden. Es kann auch aus einem persönlichen Erkenntnisinteresse ein Thema beleuchtet werden, das gewinnbringend für eine spätere Lehrtätigkeit ist.
Bei der künstlerischen Arbeit stellen die Teilnehmenden das Arbeitsergebnis der Vertiefung in einen künstlerischen Prozess vor. Ziel ist die selbständige Gestaltung einer künstlerischen Ausdrucksform.
Während des dritten Ausbildungsjahres arbeiten die Teilnehmer*innen an einemgegebenen Thema, das sie beim Abschluss in einer selbstgewählten Weise zur Darstellung bringen.
Am Ende, nach dem dritten Jahr, erhalten die Teilnehmer/Teilnehmerinnen ein Zertifikat, das ihre Qualifikation als Waldorflehrer nachweist.
Was sollen die Seminaristen/Seminaristinnen lernen?
Das Angebot eröffnet den Teilnehmer*innen die Möglichkeit die Waldorfpädagogik kennenzulernen und sich mit den Inhalten, Methoden und Besonderheiten gedanklich und praktisch auseinanderzusetzen. Es fordert, sich selbst zu begegnen und sich in Gruppenprozessen zu erfahren. Es bietet Übungsfelder zur Selbstausbildung im Sinne von Dehnung und Erweiterung, von Verlebendigung und Vertiefung der persönlichen Möglichkeiten.
Es gibt einen Ausbildungsrat – was ist das?
Welche Aufgaben und Kompetenzen hat er?
Im Ausbildungsrat treffen sich die berufsbegleitenden Seminare Hannover und Ottersberg, die selbstverwalteten Seminare in verschiedenen Schulen in Niedersachsen (z.B. Hitzacker, Göttingen, Evinghausen) und die LiP (Lehrerbildung in der Praxis) regelmäßig, um sich auszutauschen. Ziel ist eine qualitativ anspruchsvolle und möglichst einheitliche Ausbildung zu gewährleisten.
Der Ausbildungsrat ist vernetzt mit der Landesarbeitsgemeinschaft der Waldorfschulen in Niedersachsen und den Ausbildungsbeauftragten des Bundes der freien Waldorfschulen in Deutschland.
Was machen die Absolventen hinterher?
Und wie viele gibt es inzwischen?
Da die Seminare den Werdegang ihrer Absolventen dokumentieren, gibt es relativ genaue Zahlen darüber.
Aus unserem Seminar sind zurzeit 45 Absolventen Lehrer/innen in Waldorfschulen.
Vielen Dank, Frau Stühl, für die interessante Beantwortung unserer Fragen.
Anschrift und Studienort :
IWO - Institut für Waldorfpädagogik Ottersberg
Amtshof 5
28870 Ottersberg
E-Mail: iwo-ottersberg@posteo.de
Seminarleitung:
Dana Stühl
Uliksa Weerts
Clive Ford
Alexander Dommert
Ansprechpartener:
Alexander Dommert
iwo-ottersberg@posteo.de
Trägerverein:
Institut für Waldorfpädagogik Ottersberg e.V.
Vorsitzender: Jürgen Jahn
Schriftführerin: Nadine Stolz